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Bürgerentscheid für Beibehaltung der Straßennamen
Das Ergebnis des Bürgerentscheids in Bad Dürkheim zur Frage der Straßenumbenennung steht fest. Die Bürgerinnen und Bürger haben die Entscheidung des Stadtrates gekippt: Die Straßennamen bleiben erhalten.
Am 24. September 2023 fand in Bad Dürkheim ein viel diskutierter Bürgerentscheid statt, bei dem die Einwohnerinnen und Einwohner über folgende Frage abstimmten: „Soll die Umbenennung der Karl-Räder-Allee, der Philipp-Fauth-Strasse und der Maler-Ernst-Straße unterbleiben?“ Der Stadtrat hatte nach ausführlichen Recherchen und mehreren Monaten öffentlicher Debatte die Umbenennung der drei Straßen beschlossen, weil ihre Namensgeber – Karl Räder, Philipp Fauth und Maler Ernst – in enger Verbindung und ideologischer Nähe zum Nationalsozialismus standen.
Nach Auszählung der Stimmen steht nun fest: Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat sich gegen die Neubenennung der Straßen ausgesprochen. Die Maler-Ernst-Straße, die Philipp-Fauth-Straße und die Karl-Räder-Allee bleiben erhalten.
VORLÄUFIGES WAHLERGEBNIS
Gegen die Straßenumbenennung: 4256 Stimmen (73,7%)
Für die Straßenumbenennung: 1522 Stimmen (26,3%)
Wahlbeteiligung: 38%
Bürgermeister Christoph Glogger sieht in dem Votum auch eine Chance: „Wir haben lange um die richtige Entscheidung gerungen. Nun haben die Dürkheimerinnen und Dürkheimer entschieden: die Straßennamen bleiben erhalten. Damit erinnern wir weiter an drei Persönlichkeiten, die in der Zeit des Nationalsozialismus überzeugte Anhänger des Regimes waren. Diese Wunde in der Stadt ist auch eine Chance: sie mahnt uns, die Erinnerung wach zu halten und aus der Geschichte zu lernen. Nie wieder dürfen Antidemokraten und Rassisten die Macht ergreifen. Bleiben wir wachsam und streiten wir gemeinsam für eine starke Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft.“
In den Gremien werde nun diskutiert, wie dieses Ziel durch eine entsprechende zusätzliche Beschilderung oder eine Gedenktafel erreicht werden kann.
Zum Hintergrund:
Der Bürgerentscheid markiert den Abschluss eines intensiven Prozesses, der im Jahr 2019 begann.
Anlässlich des 150. Geburtstags im Jahr 2020 sollte im Stadtmuseum Bad Dürkheim mit einer Sonderausstellung an den Pfälzer Mundartdichter Karl Räder erinnert werden. Bei den daraufhin angestellten Recherchen zu seinem Lebenslauf verdichteten sich rasch die Hinweise auf eine enge Verbindung und ideologische Nähe zum Nationalsozialismus. Die Untersuchungen ergaben, dass Räder – der sich eigenen Aussagen zufolge in der Weimarer Republik "aus Ekel vor dem Parlamentarismus" nicht politisch engagiert hatte – schon bald nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten als Propagandist des NS-Regimes in Erscheinung trat. In Gedichten und volkstümlichen Theaterstücken begrüßte er die "neuen Verhältnisse". Als glühender Verehrer Adolf Hitlers verfasste er ihm zu Ehren etliche Gedichte und trat bei zahlreichen Veranstaltungen mit NS-Funktionären auf. Am 17. Oktober 2019 beschloss der Kulturausschuss Bad Dürkheim, im Licht dieser vorläufigen Erkenntnisse auf die Realisierung der Ausstellung zu verzichten. Es stellten sich zudem weitere Fragen: Wie ist generell mit der öffentlichen Würdigung Karl Räders durch die Stadt weiter umzugehen? Beziehen sich in Bad Dürkheim weitere Straßennamen auf Personen, deren Wirken als ähnlich problematisch einzustufen ist?
Auf Grundlage einer diesbezüglichen Durchsicht der nach Personen benannten Straßen in Bad Dürkheim fasste der Kulturausschuss den Beschluss, neben den Nachforschungen zu Karl Räder auch das Wirken des hier geborenen Volksschullehrers und Amateurastronomen Philipp Fauth sowie des Dekorations- und Kunstmalers Gustav Ernst mit besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus zu untersuchen. Für eine eingehendere historische Bewertung wurden im Fall von Karl Räder und Philipp Fauth externe Gutachten in Auftrag gegeben. Zu Gustav Ernst erfolgte eine interne Bewertung, da hier eine bereits vor etlichen Jahren veröffentlichte Darstellung über seine antisemitische Einstellung und der Hinwendung zum Nationalsozialismus vorlag. In allen Fällen bestätigten sich bereits vorhandene Bedenken, die durch zahlreiche weitere Erkenntnisse zusätzlich bekräftigt wurden.
Im November 2022 schließlich wurden die Ergebnisse der Recherche öffentlich vorgestellt und im Kulturausschuss einstimmig der Vorschlag gemacht, die drei Straßen umzubenennen. Am 28. März 2023 kam der Stadtrat nach einer intensiven Debatte in der Öffentlichkeit und in den Gremien ebenfalls zu der Erkenntnis, dass eine Ehrung in Form einer Straßenbenennung nicht mehr haltbar sei. Bei allen drei Personen war antidemokratisches, nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut nachgewiesen worden. Stattdessen sprach sich der Stadtrat dafür aus, zwei Dürkheimer mit Straßennamen zu ehren, die für Freiheit und Demokratie kämpften: Johannes Fitz (der "rote Fitz") als Mitorganisator des Hambacher Fests und Rudolph Christmann als Dürkheimer Abgeordneter des ersten gesamtdeutschen Parlaments in der Frankfurter Paulskirche. Der Beschluss sah zudem vor, dass mit einem Zusatzschild auf den alten Straßennamen hingewiesen und bei zukünftigen Straßenbenennungen Frauen wie Rosa Maas und Anna Bergner berücksichtigt werden sollen.
Gegen diesen Stadtratsbeschluss formierte sich eine Bürgerinitiative, die ab April 2023 über 1500 Unterschriften sammelte und damit einen Bürgerentscheid bewirkte. Die Bürgerinitiative zweifelt nicht die Ergebnisse der Recherche an, will aber die Straßennamen als Teil der Dürkheimer Geschichte gleichwohl erhalten. Dieser Auffassung haben sich die Bürgerinnen und Bürger nun mit großer Mehrheit angeschlossen.