Schriftzug RATHAUS am Gebäude Rathaus der Stadt Bad Dürkheim

Straßennamenumbennenung | Bürgerentscheid

Bürgerentscheid zur Straßennamenumbenennung

Ist es richtig, drei Straßen umzubenennen, weil die Namensgeber überzeugte Nationalsozialisten waren? 

Einführung
Bad Dürkheim hat eine lange und stolze Geschichte. Dazu gehören das Hambacher Fest und der frühe Drang nach Freiheit und Demokratie in der Pfalz. Dazu gehören aber auch dunkle Zeiten: Im Nationalsozialismus wurden Freiheit und Demokratie mit Füßen getreten. Die Bad Dürkheimer Bürger Karl Räder, Gustav Ernst und Philipp Fauth waren überzeugte Anhänger der menschenverachtenden nationalsozialistischen Ideologie und glühende Verfechter von Adolf Hitler. Diese Erkenntnis ist bitter, aber wir müssen uns der Wahrheit stellen.

Recherchen
Deshalb haben Kulturausschuss und Stadtrat diese drei Persönlichkeiten und ihre Haltung zum Nationalsozialismus genauer unter die Lupe nehmen lassen. Das Ergebnis ist eindeutig: Karl Räder war überzeugter Nationalsozialist, Gustav Ernst ebenso. Philipp Fauth hat seinen Profes sorentitel dem NS-Ahnenerbe zu verdanken. Bei allen dreien findet sich demokratiefeindliches, nationalsozialistisches und antisemitisches Gedankengut. Weitere Informationen finden Sie hier.

Entscheidung öffentlicher Gremien
Die Diskussion, die daraus entstand, war heftig und kontrovers. Am Ende hat der Stadtrat mit überwältigender Mehrheit beschlossen: Unsere Straßen sollen nicht weiter nach überzeugten Nationalsozialisten benannt sein. Wir wenden uns entschlossen gegen demokratiefeindliches und menschenverachtendes Gedankengut. Hier finden Sie den Stadtratsbeschluss.

Wem gebührt die Ehre sonst? 
Stattdessen sollen mit den Straßen Dürkheimer geehrt werden, die für Freiheit und Demokratie gekämpft haben: Johannes Fitz („der rote Fitz“) als Mitorganisator des Hambacher Festes und Rudolph Christmann als Dürkheimer Abgeordneter des ersten gesamtdeutschen Parlamentes in der Frankfurter Paulskirche. Weitere Informationen finden Sie hier. 

Was heißt das für die Anwohner:innen?
Natürlich sind Straßenumbenennungen immer mit einem hohen Aufwand für die Anwohner:innen verbunden. Dessen ist sich der Stadtrat bewusst. Entsprechend sollen die anfallenden Gebühren weitgehend erlassen werden und die erwachsenen Anwohner erhalten einen Dürkheim-Gutschein in Höhe von 25 Euro. Hier finden Sie detaillierte Informationen.

Die Bürgerinitiative
Gegen den Stadtrats-Beschluss, die drei nazibelasteten Straßennamen umzubenennen, hat sich eine Bürger initiative gegründet und einen Bürgerentscheid bewirkt. Sie hat folgende Frage zur Abstimmung eingereicht: „SOLL DIE UMBENENNUNG DER KARL-RÄDER ALLEE, DER PHILIPP-FAUTH-STRASSE UND DER MALER-ERNST-STRASSE UNTERBLEIBEN?“

Beschluss des Dürkheimer Stadtrates

Historische Aufarbeitung: Drei Straßennamen erhalten Zusatzschilder

In seiner letzten Sitzung des Jahres beschloss der Dürkheimer Stadtrat am 12. Dezember 2023 die Anbringung von Zusatzschilder mit QR-Code an drei Straßennamen, deren historische Aufarbeitung im Zuge der NS-Vergangenheit in einem Bürgerentscheid endete.

  • Folgende Texte werden neben dem QR-Code an den Straßenschildern zu lesen sein:

    Philipp-Fauth-Straße
    „Philipp Fauth, geboren am 19.3.1867 in Bad Dürkheim, gestorben am 4.1.1941 in Grünwald. Volksschullehrer und Amateurastronom, widmete sein Leben der Kartografierung des Mondes, zeichnete durch bloße Beobachtung eine der größten und exaktesten Mondkarten. Ab 1937 war er Mitglied der Forschungsgemeinschaft Ahnenerbe, einer (späteren) Einrichtung der SS. Frühe persönliche Korrespondenz zeigt seine antidemokratische und antisemitische Einstellung.“

    Karl-Räder-Allee
    „Karl Räder, geboren 13.4.1870 in Bad Dürkheim, gestorben 26.1.1967 in Ludwigshafen. Journalist, Schriftsteller und Heimatdichter, zählt zu den populärsten Mundartdichtern der Pfalz, schrieb für die Werkszeitung der BASF und war Mitbegründer des Literarischen Frühschoppens. In seinen Gedichten und Vorträgen der NS-Zeit verehrte er Adolf Hitler und die Nazi-Ideologie und bediente antisemitische Stereotypen. Die Familie beschreibt die spätere Reue Karl Räders.“

    Maler-Ernst-Straße
    „Gustav Ernst, geboren 21.3.1858 in Elsterberg, gestorben 5.12.1945 in Bad Dürkheim. Kunst- und Dekorationsmaler, lebte u.a. von 1934 bis zu seinem Tod in Bad Dürkheim, malte die für ihn typischen Winzerporträts, Landschaften und die Arbeit in den Weinbergen und -kellern. Seine Tagebucheinträge zeigen seine Verehrung Hitlers sowie seine antisemitische und demokratieverachtende Einstellung, zum Teil lange vor der Machtübernahme.“

  • Die QR-Codes am Schild führen auf eine städtische Webseite mit folgendem Text:

    „Im Jahr 2023 schlug der Stadtrat vor, drei Straßennamen zu ändern, weil ihre Namensgeber dem Nationalsozialismus nahestanden. In einem Bürgerentscheid wurde mit großer Mehrheit entschieden, die Straßennamen beizubehalten.

    Die Diskussion hat uns gezeigt, wie wichtig und schwierig die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus ist. Mögen uns die Straßennamen ermutigen für Demokratie, Toleranz und Frieden einzutreten.

    Philipp Fauth (geboren 19.3.1867 in Bad Dürkheim; gestorben 4.1.1941 in Grünwald)
    Der in Landstuhl tätige Volksschullehrer und Amateurastronom Philipp Fauth widmete sein Leben der Kartografierung des Mondes. Er zeichnete die größte und exakteste Mondkarte, die ein einzelner Forscher jemals auf Grund visueller Beobachtungen geschaffen hat. Neben dem Mond beobachtete er intensiv Saturn, Mars, Jupiter und die Sonne.

    Anlass für die Diskussion um die Straßennamen 2023 waren Fauths antidemokratische und antisemitische Einstellung, die vor allem in persönlichen Korrespondenzen erkennbar wird. In seinen letzten vier Lebensjahren war er als Leiter der Forschungsstätte Astronomie (Sternwarte Grünwald) Mitglied der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe, einer (späteren) Einrichtung der SS.

    Karl Räder (geboren 13.4.1870 in Bad Dürkheim; gestorben 26.1.1967 in Ludwigshafen)
    Der Journalist, Schriftsteller und Heimatdichter Karl Räder zählt zu den populärsten Heimat- und Mundartdichtern der Pfalz. Sein literarisches Schaffen hatte vor allem die Pfälzer Lebensart und seine Liebe zur Heimatstadt Bad Dürkheim zum Thema. Von 1896 bis 1930 war er Schreiber und Redakteur der Werkszeitung der BASF. Karl Räder war Mitbegründer des Literarischen Frühschoppens auf dem Dürkheimer Wurstmarkt.

    Anlass für die Diskussion um die Straßennamen 2023 waren Räders Gedichte und Vorträge in der Zeit des Nationalsozialismus, in denen er Adolf Hitler und die Nazi-Ideologie verehrte und antisemitische Stereotype bediente. Ende 1937 unternahm er eine mehrmonatige Reise zu seinen Kindern in die USA, auf der er unter anderem bei deutschen Vereinen für das NS-Regime warb.

    Die Familie beschreibt die spätere Reue Karl Räders für sein Verhalten während der Zeit des Nationalsozialismus.

    Gustav Ernst (geboren 21.3.1858 in Elsterberg; gestorben 5.12.1945 in Bad Dürkheim)
    Der Kunst- und Dekorationsmaler Gustav Ernst lebte von 1902 bis 1913 sowie von 1934 bis zu seinem Tod 1945 in Bad Dürkheim. Zu seinem künstlerischen Repertoire zählten neben den für ihn typischen Winzerporträts auch Genredarstellungen über die Arbeit in den Weinbergen und -kellern, Landschaftsgemälde sowie grafische Arbeiten für den Pfälzerwald-Verein.

    Anlass für die Diskussion um die Straßennamen 2023 waren Ernsts private Tagebucheinträge, in denen sich seine Verehrung Hitlers sowie seine antisemitische und antidemokratische Einstellung zeigt. Seine Sympathie für den Nationalsozialismus beschreibt er bereits lange vor der Machtübernahme.